Zurechtweisung, nein danke?
Carl-Josef Kutzbach
Freitag, 11. Mai 2018
 
Ein junger Mann meint mit einem Picknickmesser im Park in die Rinde einer Buche Initialen oder ein Herz einritzen zu müssen. Darauf hin gewiesen, dass er das an einem eigenen Baum im eigenen Garten vielleicht machen könne, aber es nicht gut sei, wenn er das an einem Baum tut, der für alle Bürger da ist und der eventuell durch die Verletzung geschädigt werden könnte, ist er beleidigt, wie ein kleines Kind, dem etwas nicht passt.
Eine Radlerin hat auf dem Gehweg angehalten, um dort in Ruhe auf dem Rad sitzend zu telefonieren. Nach einer Weile fährt sie mit Handy am Ohr einhändig auf dem Gehweg weiter, wo Menschen auf den Bus warten. Zur Rede gestellt, dass Sie auf der Straße fahren sollte und schon gar nicht mit dem Telefon am Ohr, ist sie empört, dass man es wagt sie zu kritisieren.
An derselben Haltestelle steigen gerade die Fahrgäste ein und aus, als ein Radler auf dem Gehweg mit hohem Tempo heran fährt, der hofft so, die Autoschlange hinter dem Bus und den Bus zu überholen. Angehalten und zur Rede gestellt, fragt er mit welchem Recht man ihn zurechtweise.
(Dass hier vor allem Fußgänger und Radler erwähnt werden, hat den einfachen Grund, dass man mit schnell fahrenden Automobilisten nicht reden kann. Deren Verhalten erinnert manchmal an Amseln, die in scheinbar lebensmüder Weise knapp vor Autos über die Straße fliegen.)
Das Verhalten aller drei zeigt, dass sie meinen tun und lassen zu dürfen, was ihnen passt, ohne Rücksicht auf Andere und deren Interessen oder Rechte. Dieser Mangel an Empathie, an Einfühlungsvermögen ist eigentlich nur bei kleinen Kindern normal, die daher nur ihre eigenen Interessen sehen können und egoistisch wirken. Und wie kleine Kinder, wollen sie nicht für das, was sie tun, einstehen, geschweige den gescholten werden, wenn sie etwas falsch machen. Nun ist es selten angenehm auf Fehler hin gewiesen zu werden und erst recht nicht, wenn man ein schwaches Selbstwertgefühl hat, aber zur Reife, oder zum Erwachsen-sein gehört, dass man zu dem steht, was man tut und bei Fehlern auch eine Zurechtweisung (Hinweis auf das Richtige, Rechte) ertragen muss. (Siehe auch: Keine Lust erwachsen zu werden)
Schon Konfuzius meinte vor ca. 2400 Jahren, dass man gleich einen weiteren Fehler begehe, wenn man auf einen Fehler hin gewiesen wird, oder ihn erkennt und ihn nicht sofort korrigiert.
 
Das Bild oben zeigt, wie sich eine Radlerin auf dem Gehweg durch die einsteigenden Fahrgäste drängelt.