Vater, Mutter und kleines Kind im Garten. Das Kind trägt ein Körbchen, in das es die gefundenen Ostereier legt. Der Vater begleitet es, räumt Hindernisse aus dem Weg und gibt wohl den einen oder anderen Hinweis. Die Mutter schaut auf den Bildschirm des Mobiltelefons, mit dem sie Vater und Kind aufnimmt. Sie selbst steht stets etwas abseits, nimmt an der Ostereiersuche – so scheint es – keinen Anteil, weil sie diese nur auf dem Bildschirm verfolgt.
Das Kind genießt die Aufmerksamkeit des Vaters und die Aufregung der Suche nach Vertrautem im anderen Vertrauten, das es daran erkennt, weil es dort fremd ist (Eier im Garten). Kein Blick geht zur scheinbar teilnahmslosen Mutter.
Als sie fertig sind und ins Haus gehen, schnappt sich die Mutter den Vater, um ihm die Aufnahmen zu zeigen, und das Kind trottet hinterher. Nicht das Erlebnis, nein die Bilder davon zählen. Die Mutter verweigert dem Kind die gefühlsmäßige Begleitung seines Erlebens, um Bilder zu machen, von denen sie für sich selbst Zuwendung erhofft. Der Vater wendet sich zwar dem Kind während der Ostereiersuche zu, aber dann ist das Kind abgemeldet, auch, wenn es – voller Glück über Eier und neues Spielzeug – das im Augenblick wohl nicht so sehr wahrnimmt. Aber es lernt so sicher nicht, wie man ein Erlebnis teilt und sich gemeinsam freut.
 
Kinder mit gefundenen Ostereiern Ende der 1950er Jahre.
 
 
Ostermorgen
Carl-Josef Kutzbach
Sonntag, 16. April 2017