Lange Pause
IT erschwert das Arbeiten
 
Über ein Jahr Pause! Warum? Oberflächlich betrachtet, weil mein altes Webdesignprogramm mit der Datenmenge nicht klar zu kommen schien, oder mit dem neueren Betriebssystem.
Außerdem scheint eine Rolle gespielt zu haben, dass ich die Webseite auf verschiedenen Rechnern mit verschiedenen Zugangspasswörtern bearbeitet habe, wodurch beim Hin- und Her-kopieren offenbar Fehler, bzw. Zugangsbeschränkungen entstanden, die das Programm dazu brachten die Arbeit erst gar nicht aufzunehmen, sondern beim Start abzustürzen. Das könnte aber auch mit Unverträglichkeiten mit anderen Programmen zu tun haben. denn auf dem einen Rechner funktioniert das Programm wieder, nachdem ich die Webseite in mehrere kleine Teilprojekte zerlegt habe. Auf dem anderen Rechner, weigert es sich weiterhin seinen Dienst zu tun.
Natürlich hat mich die Fehlersuche viel Zeit und Nerven gekostet, so dass ich einen ordentlichen Zorn auf den Hersteller Apple, der das Programm ersatzlos einstellte, und die ganze IT-Branche bekam.
Meine Suche nach einem Ersatz führte weitgehend im Kreis. Zwar gibt es Programme, die ungefähr das leisten, was ich gewohnt war. Aber wie lange diese Programme verfügbar sind und mit dem Betriebssystem zusammenarbeiten werden, ist unklar. Bei einigen war abzusehen, dass sie früher oder später nicht mehr weiter gepflegt werden würden. Bei anderen bekommt man den vollen Funktionsumfang nur, wenn man den Hersteller auch zum Provider macht und über seine Server veröffentlicht.
Die Beschäftigung mit Word Press und Serendipity, die mein Provider beide anbietet, machte mich auch nicht glücklich, da ich so altmodisch bin, dass ich eine Seite erst in aller Ruhe auf meinen Rechnern gestalten und testen will, ehe ich sie ins Netz stelle. Hinzu kommt, dass bei diesen Programmen eine dauernde Verbindung während der Seitenherstellung ins Netz nötig ist, was ich für ein unnötiges Risiko und eine unnötige Energievergeudung halte. Risiko, weil ein Rechner um so leichter gekapert werden kann, je länger er mit dem Netz verbunden ist, weil ein potentieller Angreifer mehr Zeit hat von seinen Rechner Software zu übertragen, oder Passwörter auszuprobieren. Und auch wenn die Energiemenge, die nötig ist um die Befehle von meinem Rechner auf den Server des Anbieteres zu übertragen vielleicht nicht sehr groß ist, so lässt sie sich verringern, wenn man nur die fertigen Seiten hoch lädt. Auch am Rechner kann man Umweltschutz und Klimaschutz betreiben.
Was die Sache erschwerte ist, dass ich am grundsätzlichen Design meiner Seite nichts verändern wollte. Da es diese Seite natürlich nicht als fertige Vorlage gibt, weil ich sie mir ja zurecht gebogen habe, hätte ich also zunächst mal jede wichtige Seite in eine neue Vorlage überführen müssen. Viel Arbeit, die eigentlich nicht nötig sein sollte, da Webseiten ja ganz bestimmten Regeln folgen, die man analysieren kann und deshalb auch in andere Formate überführen können müsste. Aber damit lässt sich wohl nicht viel Geld verdienen, so dass kaum jemand daran arbeitet.
Schließlich begann ich mich mit HTML zu befassen und verschiedene Programme zu erproben. Wenn die Programme viel können, sind sie in der Regel auch relativ komplex und schwieriger zu erlernen. Dabei wechseln die Begriffe und Verfahrensabläufe, so dass man leicht verwirrt wird, wenn man mehrere ausprobiert. Kein reines Vergnügen! Besonders dann nicht, wenn sie keine deutsche Benutzeroberfläche haben. Da die englische Sprache dieselben Begriffe für sehr viele verschiedene Dinge benutzt, sind Missverständnisse fast zwangsläufig und kosten unnötig viel Zeit.
Hinter diesen eher technischen Schwierigkeiten und meinen offenbar überdurchschnittlichen Ansprüchen, gab es aber auch noch eine psychologische Ebene, die wohl mit dazu beitrug, dass ich mich so lange mit dem Problem herum quälte:
Warum soll ich eine Arbeit noch einmal, oder gar mehrfach machen, nur weil Firmen ihre Programme einstellen, deren Grenzen nicht kommunizieren und mich als Kunden im Regen stehen lassen?
Da stiehlt mir jemand Lebenszeit, Freude, entwertet meine Arbeit, plagt mich mit unnötigen Dingen, nur weil er oder sie vor lauter an den Gewinn denken, vergisst, dass ohne zufriedene Kunden der Gewinn irgend wann auch weg bleibt.
Ich arbeite seit über zwei Jahrzehnten mit Computern und habe in dieser Zeit sehr viel mehr Zeit mit Lernen verbracht, als früher mit Schreib- oder Rechenmaschine. Zwei Wechsel des Chipsatzes haben bei Apple zusätzliche Mühe verursacht und viele gewohnte Programme nutzlos gemacht. Solange man noch alte Rechner hat, die mit den alten Programmen laufen, kann man sie auf ihnen weiter benutzen. Aber irgend wann ist damit Schluss und die Erfahrung lehrt: Je jünger ein Rechner, desto weniger haltbar ist er. Und auch, wenn man auf den alten Rechnern noch Manches machen kann, die Übertragung der Ergebnisse auf neue Rechner wird immer aufwendiger. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis man an seine alten Werke nicht mehr heran kommt. Ich habe aber Rechner nicht dazu gekauft, um einen Teil meiner Arbeit nach einiger Zeit nicht mehr nutzen zu können! Und selbstverständlich hat mich kein Verkäufer vor diesem  Nebeneffekt von IT gewarnt.
Kürzlich habe ich einer Hacke, die schon gute 60 Jahre brave Dienste leistete einen neuen Stiel angepasst, mit dem sie sicherlich die nächsten 50 Jahre auch wieder gute Dienste leisten kann. Das war zwar eine mühsame Arbeit, weil ich den Holzstil so lange abschleifen musste, bis er ganz exakt mit dem Loch im metallnen Kopf der Hacke zusammen  passte, aber jetzt sitzt der fest und sicher. Und wenn das jede zweite Generation macht, ist das ein vertretbarer Aufwand.
Dagegen bei IT: Alle naslang ein Patch, update, upgrade, oder sonst eine Nachlieferung von Fehlerbeseitigungen und Zusätzen, die ich gar nicht benötige, oder eine Anpassung an ein neues Betriebssystem. Kurz: Ich soll immer wieder irgend etwas tun, was ich gar nicht will, oder was gar nicht nötig wäre, wenn die Branche gute Arbeit leisten würde.
Nun höre ich aber diejenigen, die jedes Jahr ein neues Smartphone brauchen, weil man doch nur so am Fortschritt teilhabe, argumentieren, dass sei eben der Preis für den Fortschritt. Der hat mir noch nie ein Bier gezahlt, aber ich soll für ihn Opfer bringen? Ich soll wegen des Fortschrittes mit meiner eigenen Arbeit keine Fortschritte machen? Tut mir leid, ein Fortschritt, der den Menschen nicht dient, ist kein Fortschritt, sondern Dummheit und Geschäftemacherei.
Das nächste Argument ist, dass man mit dem Rechner doch sehr viel mehr machen könne, als mit einer Schreibmaschine. Nun zum Beispiel einen Durchschlag schafft er nicht. Und wenn ich keine Ahnung von Fotografie, Film, Musik oder Grafik habe, dann werde ich auch am Rechner bestenfalls Mittelmaß zustande bringen. Es ist doch auffallend, das vieles Wissen aus der Zeit vor dem Rechner immer noch aktuell ist, während mit den Rechnern der Anfangsjahre kaum noch jemand umgehen kann.
Das wichtigste Argument gegen IT - so wie sie heute betrieben wird - sind die enormen Kosten, die sich im laufenden Betrieb ergeben. Nicht nur die Anschaffungskosten, die Verbrauchsmaterialien (Toner, Papier, Speichermedien), sondern die Kosten an Lebenszeit und Arbeitszeit, die dank Rechner unproduktiv vergeudet wird. Von den gesundheitlichen Folgen und deren Kosten mal ganz abgesehen.
Allein die Neuen Steuerungsinstrumente (für die jeder der vielen Baden-Württembergischen Bediensteten täglich notieren sollte, was er tat) kosteten das Land die Arbeitskraft von 230 Mitarbeitern, sobald jeder für das Notieren auch nur eine Minute am Tag brauchte. Man kann sich leicht ausrechen, wie viel Arbeitszeit und wie viel Kraft durch die IT-Branche weltweit verplempert wurde und wird, die wir besser nutzen könnten.
Ja, es gibt sicherlich Fälle, in denen Rechner eine große Hilfe sein können. Aber der heutige Einsatz an allen Ecken und Enden, egal ob notwendig oder nicht, schadet mehr, als er nützt. Wie so oft fehlt das richtige Maß. So, wie man auch zu Zeiten der Schreibmaschine nicht alle Briefe mit der Maschine schrieb, so ist der flächendeckende, oft vernetzte Einsatz von Rechnern Unfug. Nicht nur, weil die Kosten explodieren (95% der Internetnutzung sind SPAM oder unerwünschte Werbung, für die wir alle bezahlen müssen); die Notwendigkeit sich gegen Schadsoftware, Identitätsdiebstahl, Internetkriminalität zu schützen steigt mit wachsender Vernetzung an.
Kürzlich behauptete ein Hacker er habe in den Bordcomputer eines Flugzeuges eindringen können. Das dürfte früher oder später auch bei Systemen auf der Erde, egal ob Verkehrsleitsystemen der Straßenverwaltung, oder der Bahn möglich sein und könnte im günstigsten Fall zu Staus und Verspätungen, im schlimmsten Fall zu vielen Unfällen führen, oder bei Energieversorgern zu Ausfällen der Energieversorgung.
Und gerade, als die Parlamentarier des Bundestages sich wegen eines Hackerangriffes ziemlich allein gelassen fühlten, tönte ein Minister, die Bürger seien oft „viel zu leichtsinnig“. Wenn man schon nicht mal in der Lage ist, das Deutsche Parlament ausreichend zu schützen, dann sollte man nicht erwarten, dass es die Bürger selbst besser könnten, als die Profis der Parlaments-IT.
Währenddessen schwärmen uns die Anbieter vor, dass wir alle unsere Daten doch in einer Wolke (Cloud) ablegen sollen, damit wir jederzeit und überall darauf zugreifen könnten (und die Geheimdienste vermutlich auch). Dass es Regionen gibt, in denen man überhaupt keinen oder nur sehr schlechten Netzzugang hat, oder, dass jede Datenübertragung auch Energie, Zeit und Leitungen kostet, das vergessen diese Schlaumeier.
 
Bild:
Eine Katze macht eine Pause - wie lang ist ungewiss.
 
 
Carl-Josef Kutzbach
Montag, 25. Mai 2015