Telefonbuch auf Diät
Carl-Josef Kutzbach
Dienstag, 16. August 2022
 
Noch vor wenigen Jahren bekam man die Telefonbücher in einer Tüte an die Haustür gehängt, oder davor abgelegt.
Allerdings wurden sie jedes Jahr dünner. Links 2015 und recht 2016 nebeneinander:
 
Man bekommt die Telefonbücher auch längst nicht mehr geliefert, sondern muss das Glück haben, dass man sie zur richtigen Zeit des Jahres vor irgend einem Laden, der auch Postdienste anbietet, findet. Sich Bücken und Mitnehmen muss man sie selbst.
 
 
Wen man bedenkt, dass Telefonbücher mal zu den wichtigsten Handwerkszeugen v0n Journalisten gehörten, weil man darin fast jeden Menschen und jede Firma finden konnte, ist das bis zu einem gewissen Grad logisch, dass diese Bücher an Bedeutung verlieren.
Auch die Möglichkeit sich nicht eintragen zu lassen, um weniger Werbeanrufe zu bekommen, hat sie entwertet.
Arme Fotografen, die bei Gruppenaufnahmen verschieden großer Menschen diese einander anpassten, indem sie Telefonbücher unter legten, damit die Gesichter ungefähr auf gleicher Höhe zu sehen waren.
Auch für Schüler, die mit dem Alphabet ihre Schwierigkeiten hatten, dienten Telefonbücher als Nachschlagwerk, um sich später auch in Lexika zurecht zu finden.
Was aus der Geschichtsforschung mal werden wird, wenn es keine Telefonbücher und keine Adressbücher mehr geben wird, ist fraglich. Dass die digitalen Varianten noch existieren, darf man bezweifeln. Aber eine Gesellschaft, die mangels Geschichte nicht mehr weiß, wieso die Welt heute so aussieht, hat sehr wahrscheinlich ein Problem; und sei es nur, dass die Welt verwirrender erscheint, als sie ist.
 
Bilder:
Oben eine Tüte, in der Telefonbücher waren, darunter die von 2015 und 2016, sowie Telefonbuch-Selbstbedienung 2022