Feldwege erzählen
Carl-Josef Kutzbach
Samstag, 4. Juni 2022
 
Solche Feldwege, wie im Bild oben, sieht man heute selten, denn die meisten Feldwege sind jetzt asphaltiert. Das verdanken wir dem „Grünen Plan” der 50er Jahre mit dem die Landwirtschaft modernisiert und die Menschen auf dem Land an die regierende CDU/CSU gebunden werden sollten.
Diese Art der Feldwege mit den zwei Spuren der Räder und in der Mitte einem grünen Streifen entstand fast von allein, wenn ein Weg öfter befahren wurde. Geschah das mit einem Zugtier, konnte es unter Umständen sogar seine Hufe auf dem Grünstreifen schonen. Außerdem waren sie recht einfach zu reparieren. Sobald Schlaglöcher entstanden, holte man aus der nächsten Sandgrube oder einem Steinbruch Schotter und füllte das Loch damit.
Auch für Wanderer waren diese Wege angenehmer, weil man zwischen hartem Schotter und weicherem Grünstreifen wechseln konnte.
Aber Zugtiere galten damals als rückständig. Die Landwirtschaft, die in manchen Bundesländern durch Realteilung ( alle Söhne / Kinder bekamen einen Anteil vom Hof ) zu immer kleineren Einheiten geschrumpft war, konnte so nicht wirtschaftlich überleben, auch, wenn damals die ( falsche ) Parole ausgegeben wurde, dass „Bauer kann sein, wer Bauer sein will.” Trotzdem kam es seither zu einem großen Höfesterben, denn die Wirtschaftlichkeit war allein durch die Flurbereinigung, die obendrein Ökosysteme zerstörte, nicht zu erreichen.
Man riet den Bauern immer größere Höfe zu bewirtschaften, natürlich mit immer größeren Maschinen, die immer mehr Geld kosteten und die Bauern in eine immer größere Abhängigkeit von den Banken führten.
Für diese größeren Maschinen wurden die Feldwege asphaltiert, auch, damit sie den an den Reifen klebenden Lehm vom Feld nicht auf die Straßen brächten und dadurch Autofahrer gefährdeten.
Das Ende vom Lied waren Überproduktion von Milch und Butter, aber auch Fleisch, sowie Schäden für die „modernisierten” Ökosysteme (trocken gelegt, Bäche begradigt und verdohlt, Randstreifen beseitigt, Grundwasser abgesenkt ). Hinzu kamen immer stärkere Pflanzenschutzmittel, wie das längst verbotene DDT, oder heute Glyphosat, das Bienen und Hummeln schädigt.
Immer größere Monokulturen waren für Schädlinge ein gedeckter Tisch. Mais etwa wird nur wegen der Subventionen angebaut, obwohl er schon vor über 100 Jahren als „Syphilis der Landwirtschaft” gebrandmarkt wurde, weil er zur Abschwemmung der fruchtbaren Krume führt, oder deren Verwehen bei Stürmen.
Immer größere Monokuturen waren für Schädlinge ein gedeckter Tisch. Aber betriebswirtschaftlich schien der Satz zu gelten „Wachse, oder weiche!” Dass das der Natur und der Umwelt nicht sonderlich gut tat, zeigte der neu auftauchende Hang zu „biologischen Lebensmitteln”, die auf das Vermeiden von Chemie und auf Boden schonende Verfahren Wert legen. Offenbar waren die Bürger klüger als Politik und Bauern.
Man meinte aus der bäuerlichen Landwirtschaft eine Art  industrielle Produktion unter freiem Himmel machen zu können. Um Arbeit zu „sparen” kamen die Tiere in immer größere Ställe und auch im Wald wurden immer größere und schwerere Maschinen zur „Holzernte” eingesetzt.
Da manche Bauern ihre Felder bis hart an den asphaltierten Feldweg heran pflügten, brachen dessen Ränder ab und es blieb kein Platz mehr für biologische Vielfalt auf „Ackerrandstreifen”.
Damit veränderte sich auch der Reiz der Landschaft für Wanderer und Spaziergänger. Wenn man meistens auf Asphalt laufen muss, macht das wenig Spaß und bietet den Füßen wenig Abwechslung. Wer trotzdem nicht nur in der Stadt bleiben will, bevorzugt Schuhe mit dicken Sohlen, die den Fuß etwas vor der Härte des Asphalts schützen. Oder man sucht sich schmale Wege im Gelände, auf denen man heute aber ständig in der Gefahr ist von Radlern angefahren zu werden, die die asphaltierten Wege oft ebenfalls weniger reizvoll finden.
Der asphaltierte „Wirtschaftsweg” ist kein Umwelt-freundlicher „Feldweg” mehr, sondern versiegelt Fläche und erzeugt Sturzbäche. Er hat die Fehlentwicklung zu immer größeren Maschinen und immer größeren Höfen gefördert, aber den allermeisten Bauern wenig geholfen, die immer noch nach Größe streben, statt nach einer Produktion, die den Bedürfnissen von Menschen und Natur entspricht und dafür auch höhere Preise verlangen kann.
In der Pandemie waren allein die Biobauern halbwegs finanziell erfolgreich, während die Bauern, die brav getan hatten, was Politik und Wirtschaft forderten, Verluste machten.
Die meisten Feldwege erzähle heute von politischen und wirtschaftlichen Irrtümern, von unsinnigen Geldausgaben und der Unfähigkeit mit der Natur in Einklang zu arbeiten.
 
Das Bild oben zeigt einen Feldweg auf der Schwäbischen Alb.