Dauerbaustelle
Carl-Josef Kutzbach
Mittwoch, 10. September 2025
 
Im Juni stellte ein Arbeiter vor der Birkenwaldstraße 139 Schilder auf, die verkündeten, dass ab dem 26.6.2025 dort eine Baustelle sei und ab diesem Termin daher ein Parkverbot gelte.
( Siehe Bild oben. )
Am 26. Juni passierte gar nichts und das blieb zwei Wochen so. Dann kam ein Bagger, der einen Graben aushob, so wie eine Fräse den Teer des Gehwegs aufgetrennt hatte. Ein kurzer Graben bis zu einer Garage folgte, um den Hausanschluss zu erneuern. Ebenso entstand hinter der Garage ein Stück Graben im Garten.
Abends sicherten Stahlplatten die Zufahrt zur, von einem Auto genutzten, Garage und Holzplatten die zu den Garagen in denen nur Fahrräder stehen. Eines Tages kamen Elektriker und tauschten die Leitung aus. Dann geschah wieder nichts.
 
 
 
 
 
 
 
Schließlich wurde der Graben gefüllt und mit einer ersten Schicht Asphalt verschlossen. So blieb es bis in den September. Der gesamte Arbeitsaufwand dürfte eine Woche umfasst haben. Es sind aber bereits zehn Wochen vergangen und das Parkverbotsschild steht noch da und die Baustelle ist nicht fertig. Kein Wunder, wenn sich niemand mehr daran hält.
Es könnte sein, dass die Bauarbeiter, die später auch in der Nähe auf der Talseite der Straße einen Hausanschluss erneuerten, beide Gehweg-Stücke an einem Tag mit dem endgültigen Belag schließen wollen. Das würde ihnen vermutlich die Arbeit erleichtern. Vielleicht haben sie an anderer Stelle ähnliche Baustellen, die sie alle an einem Tag beenden wollen?
Mittlerweile haben sich am Fuß der Halteverbotsschilder kleine Biotope gebildet, sogar mit einem kleinen Busch. Und immer noch ändert sich nichts. Und das in einer Gegend, in der Parkmöglichkeiten rar sind.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Diese Dauerbaustelle zeigt deutlich, warum man in Stuttgart so viele Baustellen sieht, an denen niemand arbeitet, oder nur gelegentlich. Vermutlich nehmen die Firmen so viele Auftrage, wie möglich, an und versuchen dann diese irgend wie nach einander abzuarbeiten. Das mag wirtschaftlich sinnvoll sein, aber es hat unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Die Anwohner sind, obwohl sie vom neuen Anschluss profitieren, verärgert, weil sie seit über zwei Monaten eigentlich vor dem Haus und vor ihren Garagen nicht parken dürfen, sondern zum Teil über hundert Meter zum nächsten legalen Parkplatz laufen müssen.
Zugleich führt ein Verkehrsschild, dessen Notwendigkeit sich niemand mehr erschließt dazu, dass das Befolgen des Parkverbotes als unsinnige Schikane erlebt wird, und sich immer weniger Leute daran halten und das Risiko eingehen einen Strafzettel zu erhalten.
Wenn aber Anordnungen und Gebote sinnlos zu sein scheinen, geht das Vertrauen in die Stadt, die diese Schilder genehmigte, verloren und die Menschen meinen Verkehrsschilder hätten nur noch den Charakter von Vorschlägen, seien also nur zu befolgen, wenn man Lust dazu hat. Damit wird die Straßenverkehrsordnung entwertet, deren Regeln eigentlich dazu dienen sollen, dass alle Verkehrsteilnehmer wissen, was andere tun werden. Das soll die Schwächeren schützen. So eine Dauerbaustelle schadet also nicht nur den Anliegern, die ein Auto parken wollen, sondern verringert die Einsicht in die Notwendigkeit von Regeln, eben weil sie willkürlich erscheinen.
Dass die Stadt bei der Vielzahl der Baustellen nicht jede kontrolliert, mag verständlich sein, aber wenn das Ergebnis ist, dass man Verkehrsschilder nicht mehr ernst nehmen kann, weil sie offenbar zur Bequemlichkeit der Baufirma, oder um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, Monate lang stehen bleiben, obwohl nicht gearbeitet wird, dann muss man sich nicht wundern, wenn einige Autofahrer sich nicht mehr daran halten.
Dann muss man sich auch nicht wundern, wenn Handwerker aus dem Umland ihre Chefs bitten in Stuttgart möglichst keine Aufträge anzunehmen, weil man dort viel zu lange herum fahren muss, um einen Parkplatz in der Nähe der Kunden zu finden. Darunter leiden dann nicht nur die Autofahrer, sondern auch Bürger, die schon lange kein Auto mehr haben, aber hie und da mal einen Handwerker benötigen.
Vielleicht erklärt die Dauerbaustelle auch, weshalb der neue Bahnhof immer später fertig werden soll; es scheint nicht mehr üblich zu sein, dass man eine Aufgabe anpackt, durchzieht und abschließt, um dann die nächste zu übernehmen.
Am 10. September wurde schließlich der endgültige Belag aufgebracht und die Parkverbotsschilder entfernt. Das sind zweieinhalb Monate nach dem angeblichen Baubeginn!
P.S. Jetzt wird klar, weshalb das Schild kein Ende der Baustelle nennt, sondern „Nachgrabungen“ dafür als als Ursache nennt.
P.S. P.S. Wäre nicht am Sonntag 14. September ein Radrennen, das durch die Straße führt, hätten die Anwohner wohl noch länger auf die Fertigstellung warten müssen.