Für ein paar Jahre, statt für die Ewigkeit
Das Foto eines übermalten, still gelegten, ins Metall gravierten Briefkasten-Schildes eines ehemaligen Doktors verrät, dass metallene Türschilder für viele Menschen eigentlich vom Material her überdimensioniert sind. Bei Wohngemeinschaften und Studentenheimen sieht man häufig Namen, die mit einem Streifen Papier an der Türklingel oder dem Briefkasten kleben, oder bei Wohnheimen, um die sich jemand kümmert, getippte Listen neben der Tastatur, die dem Besucher sagen welche Tastenkombination er drücken muss, um bei jemand zu klingeln.
Früher waren Arztschilder häufig in Emaille mit schwarzer Schrift auf weißem Grund. Später gab es sie aus Plastik, oder sogar mit Buchstaben aus dem Setz-Baukasten hinter Glas. Auch die Emaille ist eigentlich von ihrer Haltbarkeit her ziemlich überdimensioniert.
Dass Firmen durch ein solides Schild andeuten wollen, dass sie selbst auch solide seien und viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte Bestand haben wollen, ist verständlich, aber das mehrfache Umbenennen des Untertürkheimer Autobauers zeigt, dass das mehr Wunsch und Werbung ist. Dass jede Umbenennung mit entsprechenden neuen Briefköpfen, Firmenschildern usw. viel Geld kostet, ist klar. Dass sie einen vertrauten Namen löscht und durch einen neuen ersetzt ist eigentlich Unfug, denn den Mitbürgern wird etwas Vertrautes genommen und durch etwas ersetzt, von dem man noch nicht weiß, ob es Vertrauen verdient. Von dem Müllberg durch die nun nicht mehr brauchbaren Firmendrucksachen, Briefbögen und Reklameschildern ganz zu schweigen. Dabei hat es nur einen Wechsel an der Spitze oder in der Rechtsform gegeben und der größte Teil des Unternehmens und seiner Mitarbeiter ist derselbe geblieben.
Noch in den 50er Jahren haben viele Leute ihre Namen in eine Metallplatte gravieren und mit Farbe ausfüllen lassen, die dann in dem dafür vorgesehene Fach am Briefkasten oder an der Türklingel eingesetzt wurde. Und wenn nicht Metall, dann wenigstens in Plastik. Wer ganz wichtig und berühmt erscheinen wollte, brachte nur die Initialen am Eingang an. Möglichst auf einer immer wieder blank polierten Messingplatte, in die auch der Briefkasten und der Klingelknopf eingelassen waren. Da ein Briefkasten hunderte von Jahren benutzt werden kann, und das unter Umständen täglich, ist dort eine stabile Konstruktion, etwa aus Metall durchaus berechtigt. Aber wenn man sieht, wie kurz manche Gebäude nur von den Bewohnern genutzt werden (das Eigenheim, die große Villa, kann man sich frühestens in mittleren Jahren leisten und zieht oft wenige Jahrzehnte später ins Altenheim), sind metallene Namensschilder fragwürdig.
Schon das Eröffnen einer Arztpraxis erfolgt meist erst nach dem 30. Geburtstag. Das bedeutet, sie wird voraussichtlich 35 Jahre unter diesem Namen existieren und dann auf den Nachfolger – so man einen findet – übergehen, der dann sein Namensschild anbringen wird. Dabei ist es ja durchaus verständlich, dass man als Leiter eines Unternehmens seinen Namen an der Tür stehen haben und das auch dauerhaft (Metall) dokumentieren möchte, aber nachhaltig ist das nicht.
Foto: Briefkasten einer ehemaligen Arztpraxis, der verschlossen und übermalt wurde. Der Name wurde aus Gründen des Datenschutzes unleserlich gemacht.