Garten-Arten
Carl-Josef Kutzbach
Mittwoch, 5. Juni 2019
 
Man kann auf verschiedene Arten einen Garten anlegen und pflegen. Hier ein paar:
  1. 1.Der wohl auffälligste Garten ist das Ergebnis von „Gärtnern mit Gewalt”, wie es der Sonnenkönig in Frankreich vormachte, indem sich alles seinem Willen unterordnen sollte, so dass der Besucher auch im Garten spürte: Hier regiert ein absolutistischer Herrscher, dem sich sogar die Natur unterzuordnen hat. Pflanzen und Bäume werden nach den Vorstellungen des Herrschers gestaltet, gepflanzt, oder entfernt. Das gibt es heute noch in vielen Städten, in denen Blumenbeete mehrmal im Jahr gerodet und neu bepflanzt werden, wobei man die Pflanzen dann weg wirft. Aber wehe, jemand würde welche davon mitnehmen wollen.                        Auch der englische Landschaftsgarten für den in England sogar Dörfer samt den Bewohnern beseitigt wurden, ist nur eine Variante des Gärtnerns mit Gewalt, auch, wenn im Gegensatz zum barocken Schlossgarten eine scheinbar natürliche Landschaft entsteht. Egal ob im Englischen Garten in München oder Fürst Pücklers Gärten im Osten (Muskau). Auch hier wurden sogar große Bäume versetzt.
  2. 2.Man kann einen Garten als Testgelände betrachten: „Nur die Harten leben lang in diesem Garten.“ Willkürlich werden Pflanzen ohne Plan und nach Lust und Laune gesät, gekauft und gesetzt. Ob der Standort geeignet ist, oder die Erde dafür taugt, spielt keine  Rolle. Man lässt es halt drauf ankommen. So überstehen manche Büsche und Bäume auch mehrere Jahre, ehe sie – weil am falschen Fleck – gestutzt oder gefällt werden, weil sie plötzlich Schatten machen, Blütenblätter abwerfen, die man zusammen rechen müsste, oder aus sonstigen Gründen klein gemacht werden. Biologische, ökologische oder gar gärtnerische Kenntnisse spielen keine Rolle. Mit viel Glück entsteht eine romantische Wildnis. Oft ist es aber auch nur eine unstrukturierte Wildnis, in der jede Pflanze mit anderen um Licht, Luft und Sonne kämpft.
  3. 3.Beim Nutzgarten sind Kenntnisse nötig, damit die Erträge an Obst, Gemüse, Kräutern oder Blumen für die Vase möglichst hoch sind. Noch in den 50er Jahren gab es Ratgeber, wie man einen Teil des Gartens für die Selbstversorgung nutzen könne und einen anderen Teil zur Zierde. Dabei wurde der Nutzgarten so zweckmäßig, wie möglich angelegt, so dass auch das Ernten und Pflegen, der Baumschnitt und der Kompost mit möglichst wenig Arbeit rasch bewältigt werden konnten.
  4. 4. Der Garten von Liebhabern beruht auf im Laufe der Zeit wachsenden Kenntnissen. Im ersten Jahr wird angenommen, was man vorgefunden hat und beobachtet, was wo wann gedeiht. Dann wird behutsam eine Weiterentwicklung auf Grund von Kenntnissen betrieben. Man setzt einzelne Pflanzen an geeigneten Standorten, schneidet behutsam zurück, wo es notwendig ist und zum richtigen Zeitpunkt, sorgt unter Umständen durch geeignete Pflanzen für Bodenverbesserung und lässt sich vom Garten bei der weiteren Entwicklung beraten. Man kennt die Pflanzen und weiß, was sie brauchen und wie sie sich verhalten; etwa, wie groß Bäume werden und wo man sie daher setzen kann und wo man es lassen sollte. Der Garten ist nicht das Ergebnis von Zwang, sondern von einem tiefen Verständnis von Natur und Ästhetik. Das entspricht ungefähr dem chinesischen Spruch: „Gärtnern ist die höchste Kunst des Friedens.“
  5. 5.Der Chinesische Garten ist ein bemerkenswerter Sonderfall, weil er eine Art „Mobiler Garten“ ist, da seine Anlage, die bestimmten Regeln folgt, durch Pflanzen in Töpfen ergänzt wird, die je nach Stimmung und Wachstum immer wieder zu neuen Arrangements zusammen gestellt werden. Am nächsten kommt dem heute das Konzept des „Urban Gardening“ (städtisches Gärtnern), wobei an bisher ungenutzten Stellen Behälter mit Erde bepflanzt werden. Aber der Garten als Rahmen, wie in China, fehlt.
  6. 6.Zen-Gärten sind eine Sonderform, die besonders das Meditative Gärtnern betont, also die Verbindung des Menschen mit den Formen und Symbolen, aber auch mit dem eigenen Tun beim Gärtnern. In Wellenlinien geharkter Sand oder Kies symbolisiert das Wasser, die Laterne das Feuer, Felsen vielleicht Gebirge oder Erde und Pflanzen das Lebendige, also sind oft mehrere Elemente vertreten: Wasser, Feuer, Erde, Luft und Lebendiges. Ähnliches findet man in China. Das ist eine sehr intellektuelle Art zu Gärtnern, auf die man sich einlassen muss, um sie zu würdigen.                                                         • Zen-Gärten haben überhaupt nichts zu tun mit der törichten Mode Beete zu roden, weil sie so viel Arbeit machen, dann mit einer Folie das erneute Wachsen zu unterbinden, auf die man dann Steine, Kies oder Schotter wirft, damit ja keine Pflanze eine Chance hat. Das funktioniert natürlich nicht auf Dauer, denn jeden Herbst werden Blätter angeweht, von denen sich etwas in den Ritzen ansammelt, so dass dort im Laufe der Zeit wieder Humus gebildet wird, auf dem dann angewehte Samen austreiben. Manchmal werden auch die Steine hässlich, sei es, dass sie sich verfärben, das Flechten und Moos auf ihnen wachsen, oder weg geworfener Müll sich dort ansammelt. Das Ziel Arbeit und Geld zu sparen wird auf Dauer nicht erreicht, daher nenne ich das die Steinerne Pest.
  7. • Etwas anderes ist es, wenn man durch Zugabe von Schotter, Kies oder Sand magere Standorte schafft, die solchen Pflanzen einen Lebensraum bieten, die auf fettem, gar gedüngten Boden nicht gedeihen.
  8. 7.Eine Kuriosität sind Wohnanlagen-Gärten, die meist von Maschinenführern „gepflegt“ werden, die keine Ahnung von Pflanzen und Gartenpflege haben, aber mit Hilfe ihres Maschinenparks die Hausverwaltung oder die Bewohner des Hauses, die eigentlich den Garten pflegen könnten, davon entlasten, dafür aber mit viel Lärm und manchmal auch mit Motorabgasen, oder Laubbläsern die Luft verschmutzen. Natürlich möglichst schnell um den Preis niedrig zu halten für die Mieter und Eigentümer. • Es sind in der Regel keine gelernten Kräfte. Pflanzen und Tiere, sowie die Schönheit bleiben auf der Strecke. Dabei könnten derartige Gärten eigentlich – vor allem, wenn sie niemand benutzt – ein Rückzugsort für die Natur sein und Städtern Anschauung bieten, wie vielseitig und prächtig Natur sein kann. Doch statt dessen ahmt man Gärten nach, die man mal in irgend welchen Parks gesehen hat, ohne zu bedenken, dass das Barock, Renaissance oder Rokoko darstellt, also längst überholte Epochen.                                      • Daher werden Büsche zu Rasierpinseln geschnitten, Bäume nur alle paar Jahre (wegen der Kosten) sehr stark zu Skeletten zurück geschnitten oder gefällt.
  9. Dazwischen liegen möglichst große Rasenflächen, die man mit einem Aufsitzmäher zeitsparend und lautstark in Form bringen kann. Blumenbeete, Rabatten, Pergolen, Gartenteiche, kurz alles, was Arbeit machen könnte, etwa begrünte Fassaden, die Insekten Lebensraum bieten (vor denen man sich um so mehr fürchtet, je weniger man sie kennt) all das wird beseitigt, denn das kostet nur Geld.
Das sind die wichtigsten Typen von Gärten, die stets viel mehr über den jeweiligen Besitzer aussagen, als diesem lieb sein dürfte. Vor allem um Neubauten herum sieht man Rollrasen, der gleich noch vom Mähroboter kurz gehalten wird, weil man meint, das wäre dann ein „englischer Rasen“. Ein Versuch darauf Tennis zu spielen, würde die Illusion im Nu rauben. Es handelt sich eher um eine Art von Vorgarten-Neurose, bei der sich zwanghafte Ordnung mit Vorbildern aus Garten-Center-Katalogen paart, in denen man auch die ganzen technischen Errungenschaften für viel Geld erwerben kann, die einen pflegeleichten Garten versprechen. Nicht zu vergessen die Garten-Möblierung bis hin zum Grill, die man anfangs ein paar mal nutzt, ehe der Reiz des Neuen verflogen ist. Dass Gartenarbeit und das ständige Erweitern seiner Kenntnisse vielleicht eine heilsame Wirkung auf Körper und Geist des Besitzer haben könnte, auf diese Idee kommen die Wenigsten. Leider müssen sich daher alle Anderen viele Gärten anschauen, die weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurück blieben.
 
Das Bild oben zeigt, wie bei praller Sonne Kisten mit Pflanzen angeliefert und dann ausgesetzt werden, von denen einige (Pfingstrosen) normaler Weise mehrjährig sind. Aber sie werden dieses Jahr nicht überleben. Nicht, weil sie es nicht könnten, sondern weil man sie als Wegwerfpflanzen behandelt