Radler und Fußgänger -
ein schwieriges Verhältnis
 
Es ist eine Lust mit einem Fahrrad durch schwieriges Gelände zu fahren und seinen Körper zu spüren und die eigenen Fähigkeiten auszuloten.
Es gibt aber ebenso den Genuss: "Ich ging im Walde so für mich hin, nichts zu suchen hat ich im Sinn..." Ja, Nietsche forderte gar, dass jeder Gedanke an frischer Luft erprobt werden müsse, ehe er etwas tauge. 
Doch das wird immer seltener möglich. Egal ob Wald, Park (z.B. Killesberg) oder Fußgängerzone, immer öfter macht die kleine - aber umso lästigere - Gruppe derer, die sich nicht an Spielregeln halten wollen, es unmöglich, das ein Spaziergänger, oder ein in ein Gespräch vertieftes Paar das ungestört tun kann. Die Lebensqualität derer, die beim Spazieren Gedanken wälzen oder Gespräche führen wollen, wird dadurch eingeschränkt. Manche Wege (z.B. beide Neckaruferwege) sind an Wochenenden für Fußgänger fast gefährlich, zumindest aber nicht erholsam, weil dort die Menge der Radfahrer ein entspanntes Spazieren unmöglich macht.
Es gibt also mehrere Konflikte:
  1. 1.Unterschiedliche Geschwindigkeiten. Ein Radler ist etwa drei mal so schnell, wie ein Fußgänger. Das führt grade bei älteren Fußgängern, die nicht mehr behände bei Seite springen könnten, zu Stress. Es ist ein ähnlicher Stress, wie wenn Radler auf der Straße von Autofahrern bedrängt werden, die auch ungefähr drei mal schneller sind.
  2. 2.Unterschiedliche Nutzungswünsche, wenn Radler Sport treiben wollen und Spaziergänger sich unterhalten oder nachdenken möchten (Die Natur wollen beide auf ihre Art genießen, wenn auch Spaziergänger eher mal stehen bleiben.) Radler dagegen klingeln sich meist den Weg frei, was ab einer gewissen Häufigkeit lästig wird.
  3. 3.Je mehr Erholungsuchende, desto eher wird es eng und desto eher kommt es zu Konflikten, weil die Nutzungen verschieden sind. Es macht einen Unterschied, ob am Neckaruferweg ständig Radler und Fußgänger aufeinander Rücksicht nehmen müssen und darunter der Genuss der Landschaft, oder der Gesellschaft oder der Gedanken leidet, oder ob man an einem Wochentag bei einer Wanderung auf der Alb oder im Schwarzwald alle paar Stunden mal einen Radler an einer breiten Stelle trifft, wo keiner den anderen belästigt. Aber wer kann es sich schon leisten an Wochentagen auf abgelegenen Routen die Landschaft zu durchstreifen?
Die Regel des Baden-Württembergischen Landeswaldgesetzes, dass nur 2 Meter breite Wege für Radler frei gegeben sind, dient den Bedürfnissen der Fußgänger und dem Wild. Das Interesse der Radler lässt sich  in drei Gruppen aufteilen:
  1. 1.Fernradler, die abseits der Straße voran kommen möchten (und deshalb breite Wege bevorzugen),
  2. 2.sportliche Radler, die ihre körperlichen Fähigkeiten ausprobieren möchten und gerne auch schmalere holprigere Wege führen und
  3. 3.die Mountain-Biker, denen es vor allem um Mut und Körperbeherrschung geht, die aber den Wald nur als Trainingskulisse betrachten und keine Rücksicht auf Waldboden, Pflanzen oder Tiere nehmen. Die Schäden durch Mountain-Biker ähneln denen, die eine Wildschweinrotte beim Suhlen hinterlässt. Wenn Schanzen oder Hindernisse gebaut werden, kann der Schaden sogar größer sein.
In der Praxis lassen sich die Gruppen zwei und drei nicht scharf trennen. Da es kaum genehmigte Downhillstrecken gibt, fährt halt jeder, wo es ihm gerade passt. Z.B. entlang des Feuerbachs zwischen Waldheim und Festplatz, obwohl die Zufahrt durch Balken und Treppen erschwert ist und der Weg längs des Baches oft recht schmal ist. Und es sind selten Halbwüchsige, sondern meist Männer, die eigentlich die Flegeljahre hinter sich haben müssten.
Dass der zuständige Minister nun einen Leitfaden erarbeiten ließ und im Schwarzwald vorstellte, ist verständlich und im Ansatz richtig. So wie es Reitwege gibt, sollen auch Radwege ausgewiesen werden. Ob aber gerade diejenigen, die sich durch Nicht-Einhalten von Regeln als größte Störenfriede erwiesen haben, nun plötzlich zu braven Bürgern werden, das darf bezweifelt werden.
Deshalb würde auch eine Regel aus der Schifffahrt, dass nämlich das stärkere, manövrierfähigere Boot ausweichen muss, nicht viel helfen. Die Anständigen hielten sich dran und die anderen tun sowieso, was sie wollen.
Vermutlich könnte man dieser Gruppe der Rücksichtslosen nur Grenzen setzen, wenn man auch an Fahrrädern Nummernschilder vorschreiben würde, so dass die Uneinsichtigen bestraft werden könnten. Ein gigantischer Aufwand. 
  1. (Ich selbst gehörte als Jugendlicher zu denen, die gerne schmale holperige Wege fahren. Allerdings lag unsere Lieblingsstrecke parallel zwischen einer viel befahrenen Straße und einem breiten Waldweg. Wir dürften also kaum jemand oder gar Tiere belästigt haben.
  2. Später gehörte ich in die Gruppe der Alltags- und Fernradler. Stuttgart - Bremen, Garmisch -Flensburg waren meine größten Touren mit dem Rad. Die Strecke Aachen - Frankfurt an der Oder fiel leider meinen alternden Knien zum Opfer. Es ging nicht mehr.)
 
Das Bild oben zeigt eine typische Begegnung, die Unwillen erzeugt, weil der Radler die (vorher ins Gespräch vertieften) alten Damen durch eigentlich vernünftiges Klingeln vom Weg vertreibt. Sie gehen vorsichtshalber so weit zur Seite, weil der Untergrund rutschig ist. Dabei könnte es sein, dass der Radler unabsichtlich in diese Lage geraten ist, da der Weg am Anfang vielleicht die geforderten zwei Meter Breite hatte. Es muss also nicht immer böser Wille dahinter stecken, wenn es zu solchen unerfreulichen Begegnungen kommt.
Carl-Josef Kutzbach
Freitag, 21. Februar 2014